28.11.2020 – Junge Illgauer Jasser erlernten in der Corona-Zeit das „Träntnä/Flüsslä“

„Flüsslä“ ist ein altes Kartenspiel, das in Muotathal und Illgau verbreitet ist. Es gibt aber weniger Nachwuchs als beim „Träntnä“.

Drei junge Jasser erlernten von Othmar Bürgler (links) das „Flüsslä“. Von rechts: Pascal Betschart, Ronny Bürgler, Guido Bürgler und Erich Bürgler, der den alten Jass bereits als Schüler in seiner Familie erlernt hatte. Bild: Guido Bürgler

Beim „Träntnä“ spielt das mimische Deuten eine grosse Rolle, beim „Flüsslä“ eine etwas kleinere. Das Deuten passiert sehr kurz und diskret. Es ist eine grosse Kunst. So wird beim Träntnä zum Beispiel ein „Hürgel“ mit dem Heben einer Augenbraue angezeigt, und „Gspa-Süü“ zeigt man dem Jasspartner mit einem Naserümpfen an. Aber Achtung: Der Gegner schaut mit und sieht vieles. Gejasst wird nur mit den „gchritzätä“ Karten.

 

„Träntner/Flüssler“-Prüfung an Hochzeitsfest

 

Der 58-jährige Othmar Bürgler aus Illgau ist ein leidenschaftlicher Träntner und Flüssler. Er hatte die alten Kartenspiele in  seinen  Jugendjahren vor allem von seinem Vater Hermann und einem Arbeitskollegen (Friedrich Heinzer) erlernt. Der erfahrene Jasser freut sich, dass seit dem Corona-Lockdown im Frühling drei junge Illgauer den alten, kniffligen Jass „Träntnä/Flüsslä“ bei ihm erlernt haben. So auch Sohn Ronny Bürgler (Büttl). Erich Bürgler – der Vierte des jungen Quartetts – hatte das Träntä/Flüsslä schon als Schüler in seiner Familie erlernt. Als Pascal Betschart – einer der Jasser – im Sommer heiratete, nahm dies Othmar Bürgler zum Anlass, um den vier Nachwuchsspielern am Hochzeitsfest eine „Träntner/Flüssler-Prüfung“ abzuverlangen. Die amüsante und zugleich anspruchsvolle Aufgabe wurde vom Bräutigam und dessen Kollegen mit Bravour gemeistert. Während des Corona-Lockdowns wurde privat gejasst, jetzt trifft man sich einmal wöchentlich im Restaurant Sigristenhaus in Illgau.

 

„Träntnä/Flüsslä“ lernt man nicht vom Zuschauen

 

Während das Träntnä in Muotathal und Illgau noch ziemlich bekannt ist, hat das Flüsslä einen eher schweren Stand. Was sind die Gründe? Max Felchlin hatte das Träntnä aktiv gefördert und 1977 die Schrift „Träntne, das Kartenspiel mit mimischem Deuten“ veröffentlicht. Später organisierten versierte Träntner sowohl in Illgau und Muotathal Meisterschaften. Auch diesen Herbst wäre im „Schlüssel“ in Muotathal wieder das alljährliche „Prys-Träntnä“ durchgeführt worden. Leider musste dieser Anlass wegen Corona abgesagt werden. „Das Flüsslä beherrschen heutzutage weniger Jasser als das Träntä“, sagte Othmar Bürgler zum „Bote der Urschweiz“. Er schätzt, dass in Illgau derzeit noch zirka 30 Männer das Flüsslä beherrschen. „Wer Flüsslä will, muss Träntnä können. Man kann es niemals nur vom Zuschauen erlernen“, so Bürgler. Man müsse viel üben. Beim Flüsslä würden in Illgau und Muotathal leicht  unterschiedliche Regeln gelten, denn im Gegensatz zum Träntnä seien bisher nie feste Regeln niedergeschrieben worden, sagt Othmar Bürgler. Das Flüsslä ist ein Zeige- und Trinkspiel und wird im  Anschluss ans Träntnä gespielt. Es ist bis heute eine Männerdomäne geblieben. Wie läuft  dies aber konkret ab? Dazu sagt Othmar Bürgler: „In der Regel spielen wir zu Beginn des Jassabends den Vierer-Bock-Jass oder ‚ds Viärt-Gliich‘, dann wird ein paar Runden träntnät. Hier wird ausgejasst wer das Bier bezahlen muss, dann wird noch gflüsslät. In Muotathal wurde - und wird - auch um eine Kanne „Wiikaffee“ oder ein Budeli Schnaps „träntnät/gflüsslät“. Nachfolgend drei Beispiele wie man beim Flüsslä deutet: Mit diskretem Abnicken zeigt man seinem Jasspartner an, dass man schlechte Karten hat. „Blasen“ heisst „chasch guslä“ oder anders gesagt „ich habe mittelmässig gute Karten“, und das Auge drücken bedeutet, dass man gute Karten hat. Verleitet das „Flüsslä“ zum Trinken? Dies verneint Othmar Bürgler klar: „Das Hauptziel besteht eindeutig darin, seine Jassgegner mit List zu täuschen und sie zu besiegen.“

Guido Bürgler

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